Vierzehnter Tag:


 Wilkasy - Allenstein - Osterode (140 Km)

Nun heisst es Abschied nehmen, unser Weg führt uns quer durch Polen wieder zurück nach Deutschland. Das Wetter ist schön und wir machen uns gespannt auf den Weg durch dieses schöne Land. In Ostroda müssen wir allerdings eine etwas klappernde Transalp reparieren. Hoffentlich hält die Kette bis dahin. Unser Weg führt uns über Nikolaiken, das heutige Mikolajki, dem Hauptort des Masurentourismus. Hier setzen wir uns noch einmal an den grossen Spirdingsee und sehen den auslaufenden Segelbooten zu. Es herrscht grosser Betrieb. Auf dem zentralen Platz steht das Denkmal des Stintkönigs, ein Fisch der der Sage nach für immerwährenden Fischreichtum in den umliegenden Gewässern sorgt. Während wir den Ort und die Umgebung fotografieren, machen das die Einheimischen umgekehrt mit unseren Motorrädern. Auf der Hauptstrasse Nr. 16 fahren wir weiter gen Westen. Hier herrscht deutlich mehr Verkehr auf der Transitstrecke für den gesamten Warenverkehr zwischen Ost und West.

Mikolajki
Es gibt in Polen, bis auf wenige Ausnahmen um Industriezentren herum, keine Autobahnen und die Hauptstrassen befinden sich oft in einem erbärmlichem Zustand, tiefe Löcher und enge Passagen durch Dörfer hindurch behindern den Verkehr. Hinzu kommt noch das hierzulande häufig zu beobachtende rücksichtslose Gebaren mancher Zeitgenossen, für die Motorradfahrer nicht zu existieren scheinen. Manchmal sind wir zu haarigen Manövern gezwungen. Es macht so nur teilweise Spass. Aber mit der nötigen Aufmerksamkeit geht es dann doch recht gut und wir kommen durch das Städtchen Biskupiec (Bischofsburg) nach Olsztyn (Allenstein) im Ermland. Der Weg führt an wenigen kleinen Seen vorbei, die Landschaft ist leicht hügelig, ab und zu durchfahren wir ein kleines Wäldchen und sehen einen kleinen See. Wir sind immer noch in Masuren, das erst hinter Osterode endet.

Flaniermeile in Allenstein: Die Staromiejska

Das Hohe Tor

Das neue Rathaus

 Allenstein und das Ermland in Kürze:

Bis zum zweiten Weltkrieg war Allenstein ein kleines Städtchen mit 50.000 Einwohnern. Heute ist die Stadt dreimal so gross und ein bedeutendes Kultur- und Industriezentrum in Nord-Ost-Polen. Bevor man die Altstadt betritt, sieht man das im Neurenaissancestil erbaute neue Rathaus. Vorzugsweise beginnt man eine Begehung am Hohen Tor, dem einzig erhaltenen Teil der mittelalterlichen Befestigung. Man gelangt hierdurch in die, nach den schweren Zerstörungen des zweiten Weltkrieges, deren Zeuge Lew Kopelew war, wiederaufgebaute kleinflächige Altstadt. Rechts und links biegen verzweigte Gassen ab und nach einem kurzen Fussmarsch bergab steht man an den Ufern des Flüsschens Lyna. Neben dem Geburtshaus eines der bedeutendsten deutschen Architekten, Erich Mendelsohn, sollte man bei seinem Rundgang die Burg, die Jakobikirche aus dem 14. Jh. und das Planetarium, das zu Ehren von Nikolaus Kopernikus gebaut wurde, dessen Originalschriften in der Burg zu sehen sind, besichtigen.
Das umliegende Ermland hat seinen Namen von einem der prussischen Stämme, die hier lebten, den Warmiern, daher heisst es auf polnisch Warmia. Seine Spitze reicht bis an das Danziger Haff, verbreitert sich nach Süden dreieckförmig bis südlich Allenstein, dem Hauptort der Region. Politisch hatte das Bistum eine bleibende Sonderstellung unter denn jeweiligen preussischen oder polnischen Regierungen durch die Jahrhunderte, bis 1772 die erste polnische Teilung dem ein Ende setzte. Der Bischof war gleichzeitig auch weltlicher Herrscher des katholischen Landes. Eine konfessionelle Grenze verlief zu Ostpreussen, das evangelisch war. Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht 1871 führte zur Germanisierung und Assimilierung der polnischsprachigen Bevölkerung. Die heutigen, übriggebliebenen und nach 1945 nicht vertriebenen Ermländer verstehen sich daher als deutsche Minderheit. Es sind noch etwa 10.000 Menschen. In den Masuren liegend, enthält der Landstrich nicht nur eine reiche Vielfalt an Natur mit vielen Seen, sondern auch eine Reihe von interessanten Orten, Schlössern und Klostern. Bei Tannenberg steht ein Denkmal, das an die Schlacht gegen die Ordensritter erinnert, die nach dem Sieg der vereinigten polnisch-litauischen Verbände in der grössten Schlacht des Mittelalters zum Untergang des Deutschen Ritterordens führte, dessen Vormachtsstellung im Baltikum und Polen damit zerschlagen wurde. Tannenberg steht in der deutschen Geschichte auch für den Sieg der Reichswehr gegen die Russen 1914. Diesem Datum wird allerdings heute nicht mehr gedacht. Im Ermland liegt auch der Zuchtort der berühmten Trakehnerpferde.

Wir essen auf dem Marktplatz in einem Café eine Kleinigkeit, da kommt ein junger US-Amerikaner an unseren Tisch, der einen Trip durch Europa macht und fragt mit besorgtem Blick, ob wir englisch sprechen. Als wir bejahen, hellt sich seine Miene auf und er fragt uns erleichtert einige Dinge zu der Gegend, in der er sich befindet. So gut wir können geben wir Auskunft. Er kann es nicht fassen, in einem Land zu sein, in dem niemand englisch spricht. Und richtig, diese Erfahrung machen wir auch dauernd. Die Lingua Franca hier ist wohl nach wie vor russisch. Wir brechen auf und fahren wieder in der spätnachmittäglichen Sonne auf der Nr. 16 die 30 Kilometer bis Ostroda. Vor dem Städtchen sehen wir das Symbol des polnischen Campingclubs und biegen auf eine Sandpiste in den Wald ab. Nach wenigen Kilometern kommen wir so an einen idyllischen See, an dessen Ufer hübsche kleine Blockhäuser stehen, die man für wenig Geld mieten kann, und quartieren uns für eine Nacht ein. Den Rest des Abends verbringen wir in der freien Natur in herrlich ruhiger Umgebung und entspannen uns, während einige polnische Jugendliche unsere Motorräder besteigen, um sich gegenseitig zu fotografieren.

Die Burg von Allenstein

Unser Quartier....

....an einem See bei Ostroda


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